Mittwoch, 9. Juni 2021

Was Flut- und Ebbegraben mit dem Austrocknen der Landschaft und schlechter Wasserqualität im Zeuthener See zu tun haben

Zeuthen, Eichwalde und Schulzendorf sind dicht besiedelte Gebiete. Die westlich daran angrenzende Landschaft bis Rotberg ist von Feldern und Wiesen geprägt. 

Dies was nicht immer so. Niederungen waren früher schlecht nutzbare Bereiche, weder Ackerbau noch Bebauung möglich. Schon früh begann der Mensch das Land trocken zu legen, in dem er Gräben anlegte, natürliche Wasserabläufe begradigte und vertiefte. 

Für unsere Region ist vor allem der (Selchower) Flutgraben, im geringeren Umfang, der Ebbegraben von Bedeutung (in der Karte blau markiert). Mit dem planfestgestellten Flughafen BER hat der Flutgraben eine zusätzliche Aufgabe festgesetzt bekommen. Er muss bei starken Niederschlägen einen wesentlichen Teil des Regenwassers abführen.

(Selchower) Flutgraben (heute am Flughafen beginnend) und Ebbegraben. Karte: OpenStreetMaps.

Für die Unterhaltung der Gräben ist der Wasser- und Bodenverband Dahme-Notte mit Sitz in Gallun verantwortlich. Die Gemeinde Zeuthen ist Mitglied des Verbandes und beteiligt sich über eine Flächen-(Nutzungs-)Abgabe an den Kosten.

Klimawandel bringt beides: Mehr und weniger Wasser

Den Modellen des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung (PIK) müssen wir in den folgenden Jahrzehnten sowohl mit der Zunahme von Extremniederschlägen als auch mit langanhaltenden sommerlichen Hitze- und Trockenperioden rechnen. In der Summe verändert sich die Niederschlagsmenge kaum, nimmt langfristig eventuell sogar zu (vor allem im Winter).

Und dennoch stellt die Mischung aus Starkniederschlägen und langen Trockenperioden eine erhebliche Herausforderung dar: Einerseits muss gewährleistet werden, dass übeschüssiges Wasser schnell abfließen kann. Zugleich sorgt ein effektives Entwässerungssystem dafür, dass Wasser nicht in der Landschaft gehalten. Dann wird es Pflanzen und Tieren noch mehr als heute fehlen.

Liegt der Graben zudem "sehr tief" (große Differenz zwischen Böschungsoberkante und Grabensohle) und handelt es sich um Sandboden - beides ist an vielen Stellen im Flut- und Ebbegrabengebiet in Zeuthen und Schulzendorf gegeben -, dann wirkt dieser besonders dränend. Es wird nicht nur "überschüssiges" Oberflächen-Regenwasser abgeführt, sondern die Landschaft bis auf die Höhe der Wasseroberfläche des Grabens kontinuierlich entwässert. Oder anders ausgedrückt: So niedriger der Wasserstand im Graben, um so stärker die Entwässerungswirkung.

Nährstoffe werden freigesetzt statt gespeichert

Eine Entwässerung der Landschaft führt zugleich zu einer stärkeren Durchlüftung des Bodens und damit einhergehend zu einem stärkerem Abbau organischer Substanz. Dadurch werden Stoffe, allen voran Kohlenstoffdioxid und Stickstoff, freigesetzt. Der Eutrophierung der Gewässer wird damit weiter Vorschub geleistet. Schlamm am Gewässergrund und starke Algenbildung (verstärkt durch hohen Phospat-Gehalt) im Sommer sind die Folgen.

Die Wasserqualität des Zeuthener Sees mag aus Badesicht (noch) gut sein - hinsichtlich anderer ökologischer Parameter ist der Zustand schlecht (chemischer Zustand 2011 und 2015, Quelle: Umsetzung der WRRL in Brandenburg, 2016, S.53).

Durch die Entwässerung der Landschaft sind vor allem (periodische) Kleingewässer im Einzugsgebiet des Flut- und Ebbegrabens gefährdet, aber auch die angrenzenden Wälder werden über einen längeren Zeitraum in Mitleidenschaft gezogen: Altbäume vergreisen schneller, eine Naturverjüngung wird erschwert. Der Umbau zu artenreicheren, naturnahen und widerstandfähigeren Wäldern gerät ins Stocken.

Sind "leistungsfähige Gräben", die in Extremsituationen viel Wasser abführen können, nicht mit Zielen des Umwelt- und Naturschutzes vereinbar? 

Wasser wieder "langsam" machen

Ein Steuerung der Abflussmengen über regulierbare Wehre würde sicherlich eine einfache Möglichkeit bieten, Wasser zu halten, wenn Wasser gehalten werden kann und soll. Allerdings sind Wehre kostenintensiv zu bauen und zu unterhalten. Deutlich günstiger sind Sohlgleiten, die keine Regulierung des Wasserstandes erlauben. Dies dürfen das Wasser aber nicht so stark anstauen, dass es im Fall von Starkregenereignissen im Oberlauf zu Überflutungsschäden kommt. Ideal sind deshalb Bereiche, die ausreichend Retetionsraum bieten. Besonders geeignet erscheinen Niederungen, die Badewannengleich volllaufen können, wenn großen Wassermengen anfallen, und dank der Sohlgleite über einen Überlauf verfügen. Solche Sohlgleiten sind im Grenzbereich zwischen Zeuthen und Schulzendorf  an mehreren Stellen möglich (im Bereich zwischen Otto-Krien- und Richard-Wagner-Straße).

Auch der Flutgraben im Zeuthener Winkel bietet durchaus Potential für Verbesserungen. Ein aufgeweitetes Grabenprofil würde die Möglichkeit für eine stärkeren natürlichen Bewuchs des Grabenbettes bieten, ohne im Extremfall die notwendige Abflussmenge zu reduzieren. Unter Normalbedingungen würde der Bewuchs nicht nur die Durchflussgeschwindigkeit reduzieren und damit mehr Feinpartikel sedimentieren lassen, sondern eine aktive Filterfunktion übernehmen.

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