Die Debatte um den Ausbau der Seestraße und die damit verbundene Fällung der bestehenden Allee wird emotional geführt. Verständlich, denn die Allee besteht 236 alten, weitgehend gesunden Bäumen, die nicht nur ortsbildprägend ist, sondern viele Zeuthener und Gästen tagtäglich bei der Einfahrt in unsere Gemeinde „begrüßt“. Zusammen mit den Waldflächen und den Seen machen die Alleen wesentlich die Lebensqualität unseres Ortes aus. Damit steht für mich auch fest, dass die Hürden, die zu einer Fällung der Allee existieren, sehr hoch sind. Und dennoch bin ich abschließend, nach langer Abwägung der Pro’s und Contra’s, für eine Fällung der bestehenden Bäume und eine Neupflanzung der Allee. Das ist erklärungsbedürftig.
Als langjähriger Gemeindevertreter (seit 2003) sind mir die
Klagen der Anwohner der Seestraße mehr als vertraut. Sie gründeten sogar einen
Verein und versuchten alles Mögliche, wie man die Belastungen aus Lärm und
Erschütterungen minimieren konnte. Immer wieder suchten sie den Kontakt zu den
politischen Entscheidungsträgern, fragten in Gemeindevertretersitzungen nach
und schrieben unzählige Briefe. Jahrelang musste man als Gemeindevertreter die
Anwohner vertrösten, weil das Land als Straßen-Verantwortlicher Zeuthen immer
hinten anstellte. Auch die häufig kritisierte Situation des Gehwegs ließ sich
angesichts von Wurzeln und der Höhe der Grundstückszufahrten nur sporadisch
etwas ausbessern.
Nun endlich besteht die Möglichkeit, die Situation der
Anwohner hinsichtlich des Lärms, der Erschütterungen und der Gehwege
grundlegend zu verbessern. Etwa 20 Jahre nach der Fertigstellung des
Abschnittes Fontaneallee/Lindenallee könnte die L401 dann „fertig“ sein.
Anders als im Abschnitt Fontaneallee/Lindenallee sollen
jedoch die Straßenbäume weichen. Als 2015 die ersten diesbezüglichen Pläne
auftauchten, war dies für mich eine Horrorvorstellung, vor allem auch deshalb,
weil der Landesbetrieb keine oder nur sehr wenige Bäume neu pflanzen wollte. Das
Seestraßen-Alleenbild, das ich seit meiner Kindheit mit Zeuthen verbinde, wäre
ein für alle Mal verloren.
Damals hieß es auch von einigen Personen: Es geht nur eines:
Entweder Straßenausbau oder Bäume. Damit schlossen sie auch neu zu pflanzende
Bäume ein.
Sofort habe ich damals nach Lösungen gesucht und den Druck
auf Verantwortliche in Landkreis und Land erhöht. Die erste im Raum stehende
Frage war, ob die Bäume wirklich in einem solch schlechten Zustand waren, wie
es uns der Landesbetrieb Straßenwesen weiß machen wollten. Zusammen mit einem
Anwohner der Seestraße besuchte ich die Untere Naturschutzbehörde in Lübben, wo
wir nicht nur in Unterlagen einsahen, sondern auch deutlich machten, wie
sehr wir um die Allee kämpfen werden. Es
folgten weitere Gespräche und Mails mit dem Landesbetrieb Straßenwesen, dem
Landesbüro der Anerkannten Naturschutzverbände und der Brandenburger
Alleenschutzgemeinschaft. In die Gemeindevertretung brachte unsere Fraktion den
Antrag zu einer unabhängigen Prüfung der Baumgesundheit ein (die Prüfung ergab
später, dass die Bäume in einem erstaunlich guten Zustand waren). Dies, zusammen
mit den deutlichen Meinungsäußerungen, die es zum grundsätzlichen Erhalt der
Allee in den Ortsentwicklungsausschusssitzung gab, führte dazu, dass der
Landesbetrieb seine Planungen revidierte und nun eine Neupflanzung der Allee
vorschlug. Durch einen Gemeindevertreter, den wir nochmals verbesserten
(Pflanzung von größeren Bäume, die schneller wieder ein Alleen-Bild erzeugen
sowie bessere Pflege) haben wir letztlich diesem Vorschlag zugestimmt.
Aber warum soll man eine
Allee neu pflanzen, wenn die Bäume gesund sind?
Dies ist wohl die Frage, die sich viele stellen. Man muss
sich aber vergewissern, dass es sich
dabei um den Zustand vor der Baumaßnahme handelt. Auch wenn es heute
bereits etliche Methoden gibt, wie man „baumschonender“ Straßenbaumaßnahmen
durchführen kann, wird das, was in der Seestraße geplant ist, auf jeden Fall erhebliche
Beeinträchtigungen mit sich bringen. Der grundhafte Ausbau bedeutet, dass nicht
nur die Oberste Deckschicht ausgetauscht wird, sondern auch die darunter
liegenden Tragschichten. Und diese werden heute deutlich stärker ausgelegt als
noch von 100 Jahren. Dazu kommt auch noch ein neuer Entwässerungskanal, der
aufgrund zunehmender Starkregenereignisse entsprechend groß dimensioniert sein
muss. Er wird also alles Metertief aufgerissen. Auch der Gehweg muss
fachgerecht mit entsprechendem Unterbau errichtet werden. Und da der
Straßenraum in der Seestraße besonders eng ist - viel enger, als in der
Fontane- und Lindenallee - wird haarscharf bis an die Stämme heran aufgeschachtet.
Egal, wie vorsichtig man ist: Die kann nicht ohne Wurzelverletzungen und -abtrennungen
an den Bäume vonstattengehen. Dadurch wird nicht nur deren Statik in Gefahr
gebracht, sondern auch derart große Wurzelwunden verursacht, die der Baum nicht
mehr heilen kann. Fortan wird es Einfallstor für holzzerstörende Baumpilze
erster Klasse geben.
Es mag sein, dass die meisten Linden die Baummaßnahme zunächst
„visuell“ gut überstehen. Der Schaden aber schlummert im Boden. Und wenn dann
mal wieder ein Orkan über Zeuthen zieht und „plötzlich“ Bäume in der Seestraße
umfallen, vielleicht sogar jemand zu Schaden kommt, möchte ich wissen, wer
dafür haften soll?
Einen Eindruck, wie so etwas aussehen kann, konnte man sich
im letzten Jahr in Brieselang westlich von Berlin verschaffen (einfach mal die
Wörter „Sturmschäden“ „Brieselang“ bei der Google-Bildersuche eingeben). Dort
hat der Sturm Xavier eine ganze Baumreihe entlang einer neuausgebauten Straße
umgelegt. Es ist dabei völlig unerheblich, dass es sich um Pappeln gehandelt
hat, weil Pappeln und Linden unter den hiesigen Boden- und
Grundwasser-Bedingungen ein ähnliches Wurzelsystem ausbilden.
Auch der Baumgutachter, der für Zeuthen den heutigen guten
Zustand der Bäume festgestellt hat, gab abschließend die Empfehlung, die Allee
neu zu pflanzen (zumindest hat er mir das gegenüber erklärt). Nur dies
garantiert langfristig, dass in der Seestraße (wieder) eine Allee bleibt.
Für mich hat eine Neupflanzung auch etwas mit
Generationengerechtigkeit zu tun. Wir profitieren heute davon, was unsere
Vorfahren gepflanzt haben. Wir sollten auch dafür sorgen, dass unsere Kinder
und Enkelkinder einmal eine schöne Allee haben. Straßenbäume werden keine 200 oder
300 Jahre alt, wie es vielleicht Linden in der freien Landschaft schaffen.
Nachpflanzungen von Staßenbäumen in bestehenden Alleen sind immer komplizierter
und mit größeren Risiken verbunden. Das steht auch so im Zeuthener Alleenkonzept,
wo eher zur Neupflanzung ganzer Alleen geraten wird. Inwiefern eine
Nachpflanzung in der Seestraße überhaupt möglich wäre, wenn man die Bäume zunächst
erhalten würde und es dann nach und nach zum Absterben von Bäumen kommt, bleibt
angesichts der dann ausgebauten Gehwege fraglich.
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