Montag, 3. Juni 2019

Ist die Lindenallee/Fontaneallee wirklich ein gutes Beispiel?

Hinweis: Der nachfolgende Text stellt ausschließlich meine persönliche Auffassung dar.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau der Seestraße und der damit verbundenen Fällung von 261 Linden wird immer wieder auf zwei Beispiele verwiesen: Das "schlimme Bild", welches sich nun in Wildau bietet (dort wurden alle Bäume gefällt und neue gepflanzt) und das gute Gegenbeispiel, die Zeuthener Linden-/Fontaneallee, in der die Bäume trotz Ausbau stehen geblieben sind. Doch handelt es sich tatsächlich um ein nachahmenwertes Vorbild? Dazu sollte man einen genaueren Blick auf die Straße und die Hintergründe werfen:

Ursprünglich war angedacht, die L401 ab 2004 innerhalb eines kurzen Zeitraums komplett zu sanieren. Man entschied sich, zunächst den Abschnitt Ortszentrum Zeuthen (Goethebogen) bis Ortsgrenze Wildau zu realisieren. Weshalb der zweite Abschnitt (Ortszentrum Zeuthen bis Ortsgrenze Eichwalde) nicht anschließend realisiert wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

Innerhalb des ersten Abschnitt war der Bereich Ortsgrenze Wildau bis Westkorso relativ einfach zu realisieren, weil die Gesamtstraßebreite ausreichend bemessen war. Zudem gab es in diesem Abschnitt nur noch wenige Bäume (von einer Allee konnte man schon nicht mehr reden).

Im Bereich zwischen Ahorn- und Kastanienallee findet sich ein gemischtes Bild aus Altbäumen, Nachpflanzungen und größeren Lücken.
Der Bereich zwischen Westkorso und An der Eisenbahn war so eng, dass man für einen Geh-/Radweg auf der Seeseite Grundstückflächen zukaufen musste. Nicht alle Anwohner stimmten dem zu (wie man heute noch am Abschnitt mit dem schmalen Gehweg erkennen kann). Hier war die Allee auch noch im besten Zustand - es gab nur wenige Lücken.
Im Bereich An der Eisenbahn bis zum Goethebogen gab es bereits zahlreiche Lücken im Baumbestand. Im Zuge des Ausbaus mussten hier weitere Bäume weichen, weil sie nicht zu retten waren.

Noch heterogener ist das Bild vor dem Seehotel Zeuthen: Hier wird auf absehbare Zeit keine Allee mehr entstehen.
Insgesamt wurden im Zuge des Ausbaus zwischen Goethebogen und Ortsgrenze Wildau mindestens 42 alte Bäume gefällt, die entspricht etwa 20%. Als Ersatz wurden 64 sogenannte Resista-Ulmen (im Bereich Westkorso bis Ortsgrenze) und 56 Linden gepfanzt. Von den Ulmen sind bereits 14 verloren gegangen, bei den neuen Linden ist eine Aussage schwierger, weil bereits vor der Baumaßnahme in einem größeren Abschnitt ohne Altbäume circa 30 Linden nachgepflanzt wurden.


Alte Linden Andere
alte Bäume
Neue Linden Neue Ulmen  Neue Hainbuchen Mittelalte Bäume
Goethestraße (Goethestr.Stich/Forstweg) 20
22
2
Lindenallee (Forstweg/Kastanienallee) 10
5


Lindenallee (Kastanienallee/
Platanenallee)
14
8


Lindenallee (Platanenallee/
An der Eisenbahn)
18
2


Lindenallee (An der Eisenbahn/
Hochwaldstraße)
70
10


Lindenallee/Fontaneallee (Hochwaldstraße/Westkorso) 31
21


Fontaneallee (Westkorso/Fährstraße) 3 2 4

2
Fontaneallee (Fährstraße/Hochwaldstraße) 7 11
28
4
Fontaneallee (Hochwaldstraße/Holundersteg) 2 5
11

Fontaneallee (Holundersteg/Verlängerte Am Wildgarten)

1 5

Fontaneallee (Verlängerte Am Wildgarten/Ortsgrenze) 2
7 6


177 18 80 50 2 6

Die heutige Straßenbaumbepflanzung besteht im ausgebauten Abschnitt also zu weniger als 60% aus Altbäumen. Dennoch hat man das Gefühl, dass die Allee "erhalten" geblieben ist. Dies hat zwei Gründe: Einerseits sind viele nachgepflanzte Bäume fast schon so hoch wie Altbäume, zum anderen stehen seitlich des Straßenraums zahlreiche andere Bäume. Auffällig ist, dass sich Nachpflanzungen vor allem dort gut entwickelt haben, wo ausreichend Platz vorhanden ist (also genug Licht). In dichteren Altbaumbeständen kümmern neue Bäume dagegen.

Auffällig ist auch, dass vor allem der Abschnitt An der Eisenbahn-Hochwaldstraße sehr intakt ist, also der Bereich, der ohne Aufweitung des Gehwegs blieb. Dies könnte zwei Ursachen haben: Der hier angrenzende Wald sorgt für ein besseres Kleinklima (höhere Luftfeuchtigkeit, Windbremse). Dadurch waren die Bäume im Lauf der Jahre weniger gestresst und konnten den Ausbau, der auch hier sicherlich Wurzelschäden verursacht hat, besser kompensieren. Andererseits wurde auf der Seeseite weit weniger in den Wurzelbereich eingegriffen. Für den Weg wurde weniger Oberfläche versiegelt, zudem wurden keine neuen Fundamente für Zäune gesetzt. Hier blieb das Wurzelwerk geschont. Zudem wurde ein Pflasterstein verwendet, der mehr Wasser versickern lässt.

Zwischen An der Eisenbahn und Hochwaldstraße ist der einzige wirklich intakte Alleenabschnitt.

In den restlichen Abschnitten sind jedoch viele alten Linden zu erkennen, die starke Schädigungen aufweisen. Die Anzahl der Altbäume dürfte in den nächsten Jahren weiter sinken. Anders als bei einer genehmigten Fällung (im Zuge des Straßenausbaus) sind von allein absterbende oder aus Verkehrssicherungsgründen entfernte Bäume nicht ausgleichspflichtig.
Die 2005 gepflanzten neue Bäume können das Bild der einheitlichen, geschlossenen Allee kaum mehr schließen. Zudem wurden viele ehemaligen Lindenstandorte nicht mehr bepfanzt. Die Folge: Die Allee geht peu a peu auf natürliche Weise verloren. Daran kann auch kein Alleenschutzparagraf etwas ändern.

Eine Neupflanzung würde die Chance bieten, alle potentiell möglichen Baumstandorte mit neuen Bäumen zu versehen, die mittelfristig (circa 15 Jahren) wieder das Bild einer geschlossenen, einheitlichen Allee vermitteln. Auch eine andere Baumart wäre möglich. Angesichts der Dominanz der Linde im Ort wäre dies sehr sinnvoll, wenn man mehr biologische Vielfalt anstrebt.

Eine Redewendung lautet: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Es umschreibt treffend die Allee-Situation im noch nicht ausgebauten Abschnitt der L401.

PS. Auch das Negativ-Beispiel Ortsdurchfahrt Wildau ist nur bedingt vergleichbar: Die Schwarzkopffsiedlung ist - anders als der Abschnitt in Zeuthen - fast baumlos, weshalb hier die Fällungen besonders radikal wirkten.

PSS. Wenn man unbedingt versuchen möchte, einen alten Alleeabschnitt in der Seestraße zu retten, dann sollte man dies zwischen Heinrich-Heine-Straße und Maxim-Gorki-Straße (evtl. noch Heinrich-Zille-Straße) versuchen, da hier der größte erhaltene Allee-Abschnitt liegt und die Bäume noch die größte Vitalität aufweisen.
Ich würde aus den oben genannten Gründen auch hier eher eine Neupflanzung favorisieren.

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