(Der nachfolgende Text stammt von Jonas Reif, Michael Fürst und Andreas Körner)
Unter dem Motto „Bezahlbaren und
generationengerechten Wohnraum schaffen“ veranstalteten die
Wählerinitiative Eichwalde (WIE) und die GRÜNEN aus Zeuthen, Eichwalde
und Schulzendorf am 11.11.2016 in der Eichwalder Feuerwache eine
Diskussionsveranstaltung, zu der etwa 50 Personen kamen. Andreas Körner
(GRÜNE Schulzendorf) wies in seiner Begrüßung darauf hin, dass v.a.
Zeuthen und Schulzendorf auf Grund ihrer Nähe zu Berlin und Schönefeld
mit erheblichem Zuzug aus dem ländlichen und Berliner Raum rechnen
müssen. Bis zum Jahr 2030 sollen nach Schätzungen des jüngsten
Landesentwicklungsplans in den drei Gemeinden ca. 1.000 Wohneinheiten
entstehen. Angesichts der steigenden Mieten und der strukturell älter
werdenden Gesellschaft wolle man mit den Gästen nach Wegen suchen,
bezahlbaren und altersgerechten Wohnraum zu schaffen.
Der Moderator, Jörg Jennoch (WIE) bat zunächst die
drei geladenen Gäste um eine kurze Einführung in das Thema. Frau Britta
Hecht von der "Fachstelle für Altern und Pflege im Quartier" (FAPiQ)
berichtete über ihr von der Landesregierung gefördertes Modellprojekt,
das 2015 an fünf Standorten die Arbeit aufnahm. Ziel sei es, älteren
Menschen möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben in vertrauter
Umgebung zu ermöglichen. Die meisten Menschen wollten in den Orten alt
und gepflegt werden, in denen sie den Großteil ihres Lebens verbracht
haben. Neben Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen würden immer mehr
unterstützende Wohnformen, aktive Freunde und Nachbarn und
zivilgesellschaftliches Engagement gebraucht. Das Modellprojekt verfolge
dabei mehrere Arbeitsschwerpunkte, darunter auch das Thema neue
Wohnformen für Ältere und Pflegebedürftige. Die Fachstelle biete hier
Beratungsmöglichkeiten für Kommunen, Vereine, Handwerker usw. an.
Anschließend erläuterte Frank Kerber von der Wildauer Wohnungsbaugesellschaft
(WiWo), dass es in erster Linie um bedarfsgerechten Wohnraum für
verschiedene Zielgruppen ginge. Es seien eben nicht nur Leute, die sich
keine Häuser leisten können, sondern auch solche, die keine (mehr)
benötigen würden: RentnerInnen, junge Menschen und Personen, die aus
Arbeitsgründen hier ihren Zweitwohnsitz haben. Auch Scheidungsfamilien,
wo ein Elternteil den gemeinsamen Wohnsitz verlasse, gehörten zu den
regelmäßigen Kunden seiner Wohnungsbaugesellschaft. Frank Kerber sprach
dann ein wichtiges Thema der Veranstaltung an: Wie kann man preiswerten
Wohnraum schaffen. Er nahm dabei die Hoffnung, dass beim Neubau Mieten
deutlich unter 10€/m² möglich sind. Auch die öffentlichen
Förderprogramme des Landes seien angesichts der Auflagen in der
derzeitigen Niedrigzinsphase wenig attraktiv. „Wir können jedoch
Wohnungen bauen, die sehr kompakt gestaltet sind und orientieren uns
dabei an DDR-Plattenbauten - aber mit größeren Bädern und Fenstern“. So
können auch 3- und 4-Raum-Wohnungen mit relativ wenigen Quadratmetern
realisiert werden. Die sind dann deutlich preiswerter als vergleichbare
Wohnungen mit der gleichen Raumanzahl.
Gregor Haeger von der Arbeiterwohlfahrt Regionalverband Brandenburg Süd
erläuterte zunächst Faktoren, die beim Neubau die Mietpreise in die
Höhe trieben. Als wichtige Stellgröße nannte er die zulässige
Gebäudegröße (Geschosshöhe/ Grundflächenzahl). Man könne zwar keinen
Bodenpreis verändern, jedoch bestehe in den Gemeinden die
Möglichkeit, die Bebaubarkeit eines Grundstücks deutlich zu erhöhen.
Dadurch würde die Miethöhe schon etwas sinken können.
Eine solche innerörtliche Verdichtung ist, wie sich
in der Diskussion zeigte, nicht unumstritten.
Holger Schmidt, Haus- und
Immobilienverwalter aus Eichwalde, machte auf die fehlende Bereitschaft
der Gemeinde Eichwalde aufmerksam, derartiges zu unterstützen. Er hätte
in der Vergangenheit mehrfach erfolglos versucht, größere Gebäude zu
errichten. Der Eichwalder Bürgermeister, Bernd Speer, der ebenfalls im
Publikum saß, verteidigte sich: Er sei an den Flächennutzungsplan
gebunden - es stehe natürlich den Gemeindevertretern frei, etwas daran
zu ändern. Eine weitere Zuhörerin, Sabine Peter, machte jedoch deutlich,
dass sie den Bau von weiteren "Kloppern" ablehne: Das würde schließlich
bedeuten, dass es bald noch weniger Grün gibt.
Zwischenzeitlich wurde den Gemeindevertretern
Gelegenheit gegeben, die aktuelle Situation in den Kommunen
darzustellen. Jonas Reif, Grüner Gemeindevertreter aus Zeuthen, verwies
auf den relativ hohen Anteil kommunaler Wohnungen in Zeuthen. Allerdings
befände sich von den 326 Wohnungen längst nicht alle in größeren
Wohneinheiten, sondern auch in Ein- und Zwei-Familienhäusern, was sehr
untypisch sei. Bereits seit 2012, als es fast keinen Leerstand mehr gab,
habe die Fraktion GRÜNE/FDP darauf hingewiesen, hier zu handeln. 2013
habe man einen Antrag eingebracht, dass die Verwaltung Möglichkeiten zum
Bau neuer Wohnungen prüfen solle - bislang ohne nennenswertes Ergebnis.
Besonders schockierend sei, das Zeuthen von seine Wohnungen lebe. Jedes
Jahr werde ein größerer 6-stelliger Betrag aus der Wohnungswirtschaft
entnommen, um die allgemeinen Ausgaben zu decken - 2015 über 640.000€.
„Wir fordern schon länger, dass die Gewinne aus den Mieten wieder in den
Wohnraum investiert werden - sei es um energetisch zu sanieren,
wirklich barrierefreien Wohnraum zu schaffen oder gar den
Wohnungsbestand zu erhöhen.“ Die Verwaltung habe bereits vor 1,5 Jahren
angekündigt, ein Konzept für die Zukunft der Wohnungsbewirtschaftung
vorzulegen. „Da dies noch immer nicht der Fall ist, muss davon
ausgegangen werden, dass wir es nicht selbst können“ zieht Jonas Reif
Bilanz. „Für mich wäre eine Fremdbewirtschaftung durch eine regional
verankerte Wohnungsbaugesellschaft mit Blick auf die positive Bilanz der
WiWo eine echte Option. „Die können jedenfalls Wohnungen sanieren und
bauen.“
Als ein weiteres Problem benannte Jonas Reif die bislang
fehlende Bereitschaft anderer Gemeindevertreter, in Bebauungsplänen
stärker auf den Bau von Mietwohnungen hinzuwirken. „Es darf hier nicht
nur um die Interessen der Investoren gehen, die bevorzugt
Einfamilienhäuser bauen“. Auch auf gemeindeeigenen
Grundstücken, die oft um die 1000m² groß sind, könnte man Mietwohnraum
schaffen. Eine Lösung könnte ein „Haustyp Zeuthen“ sein: Ein 2,5
geschossiger Bau mit 6 Wohneinheiten, die unteren beiden barrierefrei.
So ein Bau könnte man nach §34 auf vielen Grundstücken errichten und
würde sich städtebaulich gut einfügen, ist sich Jonas Reif sicher.
Andreas Körner berichtete von den Diskussionen in
Schulzendorf. Laut Bevölkerungsprognosen wird die Gemeinde in den
kommenden 15 Jahren weiter wachsen, vor allem aber würde der Anteil der
über 65-jährigen deutlich ansteigen. Es werde privat gebaut, vor allem
Einfamilienhäuser. Über 90 Prozent der Wohngebäude seien
Einfamilienhäuser und es gäbe im Ort wenig Mietwohnungen. Junge Menschen
müssten häufig auf andere Orte ausweichen; aber auch Alleinstehende,
die ihr Eigenheim nicht mehr bewirtschaften könnten, fehlen
Mietwohnungen. Es gäbe mehrere Bebauungspläne mit mehr als 200.000 m²,
aber dort ginge seit Jahren nichts voran. Die Gemeinde habe nur ein
dutzend kommunale Wohnungen.
Nach längerer Diskussion habe man sich im
September fraktionsübergreifend auf einen Antrag geeinigt, mehrere
Optionen von der Verwaltung prüfen zu lassen. Zum einen ginge es darum,
eine Wohnungspolitische Umsetzungsstrategie, v.a. für das Umfeld des
alten Gemeindeamtes zu entwickeln und hierfür nach Förderprogrammen
Ausschau zu halten. Zum anderen ginge es darum, zu prüfen, inwieweit die
Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft oder die Kooperation
mit anderen Wohnungsbaugesellschaften eine Option wäre. Der Vorschlag
von Herrn Kerber, zunächst eine Gesellschaft ohne teure Overhead-Kosten
zu gründen, und im Rahmen von Geschäftsbesorgungsverträgen - z.B. mit
der WiWo - einzelne Projekte voranzutreiben, werde dabei besonders
interessiert geprüft. Das dritte Element des gemeinsamen Antrags sei es,
die Möglichkeiten des Baurechts bei der Schaffung von belegungs- oder
mietpreisgebundem Wohnraum stärker zu nutzen. In diesem Zusammenhang
soll die Verwaltung prüfen, inwieweit das "Münchner Modell" für eine
sozialgerechte Bodennutzung auf die kommunale Situation übertragbar ist.
Dabei geht es darum, Grundsätze für eine angemessene Beteiligung der
Investoren an den Folgekosten (Straßen, Schulen, Kitas) zu formulieren.
Auch Eichwalde verfügt, so Jörg Jennoch, kaum über
Kommunalen Wohnraum. Auf Grund der hohen Einwohnerdichte gebe es kaum
Möglichkeiten, im großen Stil Wohnungen zu bauen. Das Hauptprojekt sei
gegenwärtig die Planung am Chopinplatz. Umso mehr sei man daran
interessiert, dass auf den wenigen Grundstücken etwas geschehe. Jörg
Jenoch und Gäste aus dem Publikum fragten daher Gregor Haeger nach den
Umsetzungsplänen. Die AWO ist seit mehreren Jahren im Besitz einer
Fläche in der Tschaikowskystraße, ohne das bislang - zum Unmut einiger
Anwesender - etwas geschehen ist. Haeger erwiderte, dass sich die
Rahmenbedingungen verändert hätten. 2017 werde man aber die endgültigen
Pläne vorstellen.
Zum Abschluss wurde nochmal das Thema „Bezahlbarer
Wohnraum“ angesprochen. Was heißt denn das genau, wollte eine Zuhörerin
wissen. Auf eine genaue Summe wollte sich keiner festlegen. Letztendlich
hänge dies auch vom verfügbaren Einkommen ab. Als Faustregel könne man
von 25 - 30 % des Einkommens ausgehen. Fest steht, dass beim Bau
Vorgaben existierten, die wirklich niedrige Quadratmeterpreise
ausschließen. Zwar sind die Zinsen niedrig, aber die Grundstücks- und
Baupreise enorm gestiegen. Einig war man sich indes, dass jede
zusätzliche Mietwohnung wichtig sei.
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