Montag, 30. August 2021

Geradeaus-Starts statt Hoffmannkurve: Keiner übernimmt die Verantwortung

Daniela Wagner MdB, Mitglied des Verkehrsausschusses und in der Grünenfraktion zuständig für Luftverkehr, äußert sich folgendermaßen  zu den Abweichungen vom festgelegten Flugroutenkonzept am Flughafen BER:

Am Flughafen BER geht es bei der Einhaltung der vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung erlassenen Flugrouten drunter und drüber, durchgehend zu Lasten der Menschen in der Flughafenregion. Keiner übernimmt die Verantwortung. Die Flughafengesellschaft verweist auf die Deutsche Flugsicherung. Die Deutsche Flugsicherung lässt Fluggesellschaften und Pilot*innen gewähren. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung verhängt keine Strafen, weil folglich nicht gegen Anweisungen der Deutschen Flugsicherung verstoßen wurde. Das ergeben die Antworten auf meine schriftlichen Fragen an die Bundesregierung (im unten).

Dazu Daniela Wagner: "Diese Situation ist höchst unbefriedigend. Wenn im Straßenverkehr Höchstgeschwindigkeiten, die aus Lärmschutzgründen erlassen wurden, überschritten werden, ist ein Bußgeld fällig. Im Luftverkehr dagegen gibt es extrem weite Spielräume, die folgenlos ausgenutzt werden. Die rechtliche Situation und das Verhalten aller Beteiligten ist unbefriedigend und in hohem Maß rücksichtlos. Unter dem unnötigen Lärm leiden viele tausend Menschen. Es ist dringend notwendig, sofort für mehr Disziplin zu sorgen. Außerdem zeigt dieses unschöne Beispiel erneut, dass wir Gesetze und Regelungen brauchen, die die Menschen in den Flughafenregionen besser schützt."

Hintergrund:
Bei Abflug am Flughafen BER von der Südbahn nach Osten führt eine Flugroute direkt über die Orte Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen mit zusammen rund 27.000 Einwohnern. Wegen der hohen Lärmbetroffenheit müssen Pilot*innen für diese Route eine Freigabe von der  Deutschen Flugsicherung einholen. Diese dürfen die Pilot*innen ausschließlich dann erhalten, wenn sie die alternativen, lärmärmeren Routen nicht fliegen können. Letztere kurven unmittelbar nach dem Start und deutlich vor dem Siedlungsriegel ab. Simulationen der Deutschen Flugsicherung hatten ergeben, dass die Route über den Siedlungsriegel nur für eine verschwindende Minderheit der Flugzeuge erforderlich ist. EasyJet verwendet diese Route nun ausschließlich, auch von anderen Fluggesellschaften wird sie genutzt. Obwohl der Flughafen weit von seiner Vollauslastung entfernt ist, wurden am 5. August über 40 Flugzeuge auf dieser Route gezählt. Einwohner*innen registrierten an nachfolgenden Tagen mit Ostbetrieb über 50 Flüge. Ursprünglich prognostiziert waren 11 Flugzeuge auf dieser Route bei Vollauslastung des Flughafens.

Auch eine halbwegs präzise Befliegung der Kurvenrouten klappt bei der Mehrzahl der Verkehrsteilnehmer*innen nicht. Vorgesehen ist ein Abheben weit vor dem Ende der Piste und eine reduzierte Geschwindigkeit im Steigflug, um eine Überschießen über die Kurven zu vermeiden. Tatsache ist, dass die Verkehrsteilnehmer*innen sich nicht die Zeit nehmen, vom Terminal (im Osten des Flughafens) den Beginn der Piste (im Westen des Flughafens) anzufahren, um ein vorzeitiges Abheben zu ermöglichen. Die Deutsche Flugsicherung zieht sich darauf zurück, dass sie den Piloten die komplette Bahnlänge anbietet. Weder die Flugsicherung, noch der Flughafenbetreiber kümmern sich aber um eine entsprechende Nutzung. Die Folge sind weit zum Siedlungsriegel hin verlagerte Flüge und teilweise sogar ein Drehen über den Ortschaften. Da die Kurven immer noch von der Mehrzahl der Piloten genutzt werden, stellt auch das eine große, unnötige Lärmbelastung dar.





 

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